Briefe an
Oberbürgermeister Schramma

Vorgeschichte    „SSM droht Schließung“ lautete die Erklärung der SSM vom 7. Juni. Viele haben an Oberbürgermeister Schramma und an die Fraktionen des Kölner Rates geschrieben. Beeindruckende Briefe und in ihrer Sichtweise ganz verschiedene Briefe. Soweit sie uns bekannt geworden sind, haben wir sie im Internet veröffentlicht unter  www..thur.de/philo/ina/ina.htm. Auch die Antworten der Ratsfraktionen, soweit bisher eingegangen, sind dort nachzulesen.
Wir danken ganz herzlich für den Rückenwind und manch uns bewegende Darlegung. Politik und Stadtverwaltung bemühen sich sichtlich um eine Lösung der Misere.
Erfreulicherweise wurde dem Möbelverbund mitgeteilt, dass er mit seinen Projekten auch über 2004 hinaus gefördert wird bis 31.8.2005 mit der Möglichkeit der Verlängerung  bis Ende 2005. Danach gelten die Bedingungen von Hartz IV, die uns noch unklar sind. Die Bemühungen seitens der Grünen, dass die Recycling-Leistungen des Möbelverbundes künftig im Rahmen des Abfallgesetzes vergütet werden - konkret durch Beauftragung durch die AWB sind vor der Wahl steckengeblieben, obwohl sich die CDU zunächst offen gezeigt hat.
“Machen Sie Köln nicht als Stadt bekannt, die Menschen in die Sozialhilfe schiebt anstatt Arbeit zufördern.”
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Hinsichtlich der Umzugslizenz, im Amtsdeutsch der Güterkraftgenehmigung hat ein erstes Gespräch aller Beteiligten stattgefunden. Herr Kilp versicherte, dass ihm ein Weiterbestehen der SSM und der anderen Vereine wichtig ist. Eine Antwort auf die Anfrage, ob das Verkehrsministerium NRW weiterhin eine Erlaubnis für notwendig hält, steht noch aus. Überlegt wurde vorab, wie eine Genehmigung trotz der besonderen Bedingungen der sozialen Vereine erteilt werden könnte. Dies wurde als möglich erachtet. Spruchreif ist aber bekanntlich nichts, da der Teufel stets im Detail steckt. Eine aktuelle Androhung der Betriebschließung der SSM besteht nicht mehr. Da sich sowohl CDU, SPD, GRÜNE  und PDS für Selbsthilfeprojekte und im Konkreten ausdrücklich für die SSM ausgesprochen haben, sind wir zuversichtlich, dass sich in welcher Konstellation auch immer auch nach der Wahl eine Lösung findet.


Im folgenden zitieren wir aus den Briefen.

„Entscheidungen des Ordnungsamtes Köln bedrohen die Existenz einer Selbsthilfegruppe, vor deren Leistung jeder nur einigermaßen menschlich Empfindende Hochachtung haben muss. ... Man ist seit Jahren an Skandal-Nachrichten aus Köln gewöhnt. Was die Behörden mit diesen Menschen jetzt veranstalten wollen - das bürokratische Erdrosseln eines Vereins, in dem seit 30 Jahren Menschen, die sonst nirgendwo Arbeit bekommen, ihren Lebensunterhalt verdienen - das ist setzt dem Ruf Kölner Behörden die Krone auf.”
Ulrich Weiß, Berlin
„Den SSM kenne ich seit nunmehr 30 Jahren und weiß welchen Wert er für die Stadt Köln ist:
 - unendlich viele Menschen haben beim SSM wieder Fuß gefaßt und fallen nicht dem Sozialamt zu
- viele Menschen haben hier gelernt, daß sie ein eigenständiges Leben führen können
- viele Menschen haben gelernt, sich zu engagieren und nicht wegzugucken- viele Menschen haben im Stadtteil Mülheim und auch in ganz Köln von den Aktivitäten profitiert
- viele Probleme sind durch den SSM erst ins politische Bewußtsein gekommen, bevor sie eine unheilvollen Weg nahmen.“
Jochen Stankowski, Dresden

„Ich protestiere scharf gegen das ignorante und menschenverachtende Vorgehen der Stadt Köln gegen den Möbelverbund, insbesondere gegen die SSM”.
Dipl. Ing. Horst Ribbeck, Verein für kritische Gesellschaftswissenschaften-EXIT!, Wuppertal

„Unser Verein fördert Projekte zur wirtschaftlichen Existenzsicherung von Jugendlichen in Brasilien und kann auf gute Erfolge verweisen. Um so befremdlicher ist es, erfahren zu müssen, dass ähnliche Projekte in Köln durch bürokratische Auflagen behindert und eventuell sogar verhindert werden.“
Werner Wilkens, Kinderland Brasilien e.V., Köln

„Der Skandal ist nicht die fehlende Genehmigung, sondern die Tatsache, daß eine Behörde vor Ort nicht dazu in der Lage ist, ein seit Jahren erfolgreich arbeitendes Projekt nach Kräften zu unterstützen und hierfür den erforderlichen bürokratischen Rahmen zu schaffen. Eine Versetzung des in dieser Hinsicht offensichtlich ideologisch motivierten Leiters des Ordnungsamtes Herrn Kilp sollte in Erwägung gezogen werden, da zu befürchten ist, daß dieser auch in der Zukunft andere, vergleichbare Projekte und Ansätze in ihrer Arbeit behindern würde.“
Malte Willms, Freier Künstler, Hamburg

„Ohne diese Organisation, die unserem Sohn Gunnar durch einen Therapeuten einer Familienberatungsstätte empfohlen wurde, wäre dieser evtl. schon tot. So ist er von den Drogen losgekommen, hat wieder Vertrauen zu den Menschen, ein Dach über dem Kopf, Arbeit gefunden und nicht die “übliche Karriere” eines Drogenabhängigen genommen. ...
Kann es sich eine Stadt leisten, so viele Menschen, die keine große Lobby haben, aber am Rande unserer Gesellschaft leben und für ihr geringes Einkommen und ein Dach über dem Kopf hart arbeiten, noch zusätzlich Behinderte in die Gruppe aufnehmen (SSM) und diese mit durchziehen und nicht die Hand für Sozialhilfe, Wohngeld aufhalten, fallen zu lassen? Sie arbeiten doch!!“
Anselm und Monika Gast, Kerpen

„Angesichts der verheerenden Lage auf dem Arbeitsmarkt muss jede Initiative, die unabhängig von öffentlichen Geldern existiert auf jede nur erdenkliche Art und Weise geschützt und unterstützt werden. ... Im Gegensatz zuhochsubventionierten ABM- ASH-ESF- (und wie die Fördertöpfe sonst noch heissen mögen)-Maßnahmen bietet dieSSM ihren Mitgliedern eine langfristige bis dauerhafte Existenzsicherung.“
Christian Presch,Vorstandsvorsitzender  „Bring´s & Kauf“ AG, Bielefeld

„Derzeit pflege ich meine 92jährige Mutter bei mir zuhause und bin sehr glücklich, dass ich dies tun kann und sie nicht in einem Heim abliefern muß. ... Müßten die beiden behinderten Mitglieder der „SSM“ nach den langen Jahren eines selbstbestimmten und gleichberechtigten Lebens in der Gemeinschaft „SSM“ in ein Behindertenheim ziehen, hielte ich das für eine sehr traurige Angelegenheit – außerdem sehr kostspielig für die Stadt Köln.“
Ariane Dettloff, Journalistin, Köln

„Warum gerät angesichts zunehmend knapper öffentlicher Kassen ausgerechnet ein Selbsthilfebetrieb, der mit geistig Behinderten, ehemals Drogenabhängigen und Obdachlosen ohne staatliche Geldzuwendungen wirtschaftet, in das Blickfeld öffentlicher Regulierungswut, wo doch heutzutage flexible Lösungen und Deregulierung als Überlebensmaxime für die Markt-wirtschaft und den Sozialstaat zugleich gelten? Wo bleibt die vielbeschworene Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, das nach Nell-Breuning nicht nur die Übergabe von Verantwortung an kleinere Einheiten, sondern auch deren Befähigung zur Eigenständigkeit beinhaltet?“
Gisela Emons und Detlef Schmitz, Köln

„Seit circa 6 Monaten arbeite ich bei der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM). Als arbeitsloser Tischlermeister habe ich mich für die ehrenamtliche Mitarbeit beim SSM entschieden, statt über meine Arbeitslosigkeit rumzunörgeln. ... Nach 14 Jahren als angestellter Handwerker bin ich es leid immer nach „fragwürdigen“ ökonomischen Grundsätzen zu handeln, dem „verzweifelten“ Druck seitens dem Vorgesetzten ausgeliefert zu sein und dadurch als Zahn im Getriebe der Ellenbogengesellschaft zu fungieren. ... Deshalb habe ich nach einer sinnvollen und humanen Alternative gesucht, wo ich meine Fähigkeiten einsetzen kann und damit sozial Benachteiligten oder Ausgegrenzten zu helfen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dabei bekam ich die Einsicht wie einfach und unbürokratisch Menschen verschiedenster Couleur zusammenarbeiten und leben können um selbstständig für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Im Gegensatz zur heutigen Leistungsgesellschaft,  der nacner Erfahrur blindes Gehorchen nach aufgesetzten Ideologien zählt vollbringt m täglich, dieenheit geratene Selbstverständlichkeit, Menschen die in ihrem Lebhütete Kren haben oder die aus sozial schwierigen und schwachen Schichten sowie , integrieren und diesen eine menschenwürdige, partnerschaftliche Perspektive zu bieten. ... Hat die Verwaltung
 „Alle Jahre wieder“ scheint das Motto der Stadtverwaltung zu lauten, was die Hindernisläufe der selbstverwalteten Gruppen angeht. Ich frage mich, hat das Methode? ... Im Grunde wird doch in solchen Gruppen das ernsthaft und erfolgreich umgesetzt, was die Politiker/innen landauf landab immer wieder einfordern: Selbstverantwortung. Und es ist doch ein kleines Wunder, dass Menschen, die in den vorhandenen gesellschaftlichen Strukturen als „schwach“ bezeichnet werden, in ihren unmittelbaren Lebens- und Arbeitszusammenhängen eine Stärke entwickeln, die ihnen auch eine gehörige Portion Selbstbewusstsein vermittelt. Wer könnte es mit gutem Gewissen verantworten, dies alles zu zerstören? Selbst wenn die Stadtverwaltung, hier insbesondere das Ordnungsamt, auch in diesem Falle wieder einlenkt, so sind dies doch immer wieder ärgerliche Vorgänge, die allen Betroffenen viel seelische Energie abverlangt. Die Menschen leben in einer ständigen Bedrohung ihrer Existenz. Die Lebensqualität wird unter solchen Bedingungen stark beeinträchtigt. ... Dass der Stadtteil Mülheim bei aller sozialen Problematik ein sehr liebens- und lebenswerter Stadtteil ist, haben wir auch der SSM zu verdanken. Die SSM hat sich in vielen Projekten erfolgreich engagiert.“
Werner Ruhoff, Köln

„Die Kommune Niederkaufungen ist eine der größten Arbeits- und Lebensgemeinschaften Deutschlands. Wir sind mit der „Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim“ in einem bundesweiten Verbund von Kommunen zusammengeschlossen. Die Existenzbedrohung dieses Kölner Projekts ist deshalb, über seine allgemeine politische Bedeutung hinaus, für uns eine wichtige Angelegenheit, die uns direkt betroffen macht. ... Der zunehmende Sozialabbau lässt befürchten, dass immer mehr Menschen an den Rand gedrängt werden oder gar ganz aus der Gesellschaft fallen, umso wichtiger werden Projekte wie die SSM, die einen menschlichen Umgang mit den Problemen ermöglichen. Wie sollen die zu erwartenden, zunehmenden sozialen Probleme sonst gelöst werden?  ... Die Projekte des Kölner Möbelverbunds ermöglichen eine hohe Recyclingquote und realisieren darüber wichtige umweltpolitische Ziele. Außerdem ermöglichen sie der wachsenden Zahl sozial schlechter gestellter Haushalten sich mit wichtigen Gebrauchsgütern zu versorgen.“
Kommune Niederkaufungen, Kaufungen
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„Diese Leistungen werden bundesweit durchaus als modellhaft wahrgenommen. So wurden sie 2003 von der „Süddeutschen Zeitung“ in einem Bericht hervorgehoben, der Ihnen als politisch Verantwortlichem der Stadt Köln sicherlich bekannt ist.“
Seep Jakobs, Journalist und Autor, Laubach

„Ich bin erschrocken über die große Zahl von Menschen, die bei mir im Seelsorgezimmer sitzt und keine Kraft  und manchmal auch keine Bereitschaft mehr hat, aus der Unterstützung durch die öffentliche Hand auszusteigen. Noch mehr erschreckt mich die wirklich große Zahl der arbeitswilligen Menschen, die bei mir sitzen und berichten: Ich versuche alles, um an Arbeit zu kommen, aber es klappt einfach nicht. ... Mich wundert immer wieder, dass die Stadt Köln es sich leisten kann, so viel Potential ungenutzt zu lassen Um so stärker finde ich das Konzept der Lebensgemeinschaften, die neue Formen von Arbeit versuchen. Gewiss sind selbstbewusste Arme nicht immer bequeme Gesprächspartner, aber sie können ein großes Vorbild für alle sein. ... So lange es noch Gruppen wie die SSM, SSK und Emmaus gibt, kann ich den entmutigten Menschen in meinem Sprechzimmer noch Beweise liefern, dass sie kein Entsorgungsgut der Gesellschaft sind. Es wird höchste Zeit, dass die genannten Projekte modellhaft und breit gefördert werden, damit sie viele Nachahmer finden, bevor die Stadt Köln überhaupt nicht mehr in der Lage ist, die soziale Frage zu moderieren.“
Dorothee Schuld, Katholische Seelsorge im Evangelischen Krankenhaus Köln-Kalk

„Ein seit Jahrzehnten erfolgreicher Versuch der Selbsthilfe von  sozial und ökonomisch benachteiligten Menschen, sich mit eigenen Mitteln zu erhalten, würde damit zu Fall gebracht. Es erstaunt uns umso mehr, als parteiübergreifend der Ruf an ebendiese Menschen ergeht, es sich nicht mehr in der „Sozialen Hängematte“ bequem zu machen, sondern mit allen Mitteln für ihr Auskommen selbst zu sorgen. ... Unsere Projektgemeinschaft (u.a. mit dem „Umsonstladen“- der mittlerweile Nachahmer in ganz Deutschland gefunden hat) hat kürzlich den Altonaer Nachhaltigkeitspreis 2004 aus der Hand von Bezirksbürgermeister H. Fock erhalten. In Hamburg werden Bemühungen pluralistischer Selbstorganisation also anerkannt.“
Arbeitskreis Lokale Ökonomie e.V., Hamburg

„Ich denke mir, die Stadt Köln hat sich über vergangene Skandale in Millionenhöhe genug blamiert, daß eine solche - möglicherweise korrekte - ordnungspolitische Vorgehensweise ein Hohn ist.“
Heinz Marx, Köln

„Ich habe Anfang dieses Jahres die Wohnungsauflösung meiner verstorbenen Mutter mit SSM durchgeführt und war sehr beeindruckt, wie engagiert und freundlich das Ganze ablief. ...
Ich finde es unglaublich, dass ein soziales Projekt verschwinden soll, dass es Menschen ermöglicht, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen, die weder auf dem heutigen Arbeitsmarkt noch in unserer Gesellschaft ein Chance haben (Behinderte, Ex-Junkies, Ex-Strafgefangene etc.) ... P.S. Dies ist mein erster Brief an eine Stadtverwaltung. Sie können also vielleicht ermessen, wie wichtig mir das Weiterbestehen dieser Selbsthilfe-Einrichtung ist.“
Charlotte Berrehsen, Düsseldorf

„Als Studienrätin und Mutter dreier Kinder habe ich besonders die Zukunft und die Aussichten unserer Jugend im Auge und denke, dass solche Projekte auch bei schlechten Voraussetzungen der Einzelnen eine Chance und damit Perspektive bieten können. ... Abgesehen davon, wird es für die Stadt teurer, den Mitarbeitern der SSM Sozialhilfe zu zahlen, als des Projekt am Leben zuerhalten und nicht durch falsche Bürokratie zu zerstören.“
Martina Brauckmann-Kleis, Köln

„Ich frage mich, was in den Köpfen von Ordnungsamts-„Leitern“ und Kommunalpolitikern vorgeht, die einer Selbsthilfegruppe, vorwiegend aus bestehend aus „Ausgegrenzten“, die Existenzgrundlage nehmen. Gibt es bei den zuständigen Personen keine Spur mehr von Menschlichkeit? Kreisen in den Gehirnen dieser Menschen die grauen Zellen nur noch um Schmiergeldzahlungen? Kann sich die Stadt Köln wirklich noch mehr Skandale leisten??“
Ing. (grad.) Dipl.-Kfm. Annette Niederreiter, Köln

„Jeder hat das Recht, für seinen eigenen Lebensunterhalt  zu sorgen, also auch alle in der SSM u.a. integrierten Menschen. Ich bitte Sie eindringlich, Ihre Sparpläne zu überdenken und sich mit Vertreter-Innen der SSM und diesen Kreisen an einen Tisch zu setzen.“
Bibiana Ruppnig, Darmstadt

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