Marktwirtschaft macht
(tabletten) süchtig.
Martin Rausch »Angst am Arbeitsplatz, menschenunwürdige
Arbeitsbedingungen, Missachtung von Rechten, Willkür von
Vorgesetzten, Einkommen, die zum Leben nicht reichen
– so etwas gibt es heute nicht mehr oder wenn, dann
höchstens als Randerscheinung und absolute Ausnahme –
das hören wir ständig bei Talkshows, in Reden und bei
anderen Gelegenheiten.
Doch in den meisten Städten gibt es das gleich um die Ecke,
die Firmenlogos sind jedem Kind bekannt. Zehntausende von
Beschäftigten im Einzelhandel sind davon betroffen, die
meisten davon teilzeit- oder geringfügig beschäftigte
Frauen, die vielfältigen Diskriminierungen und Belastungen
ausgesetzt sind. Betroffen sind aber auch Familien,
Freunde, Partner.« Mit diesen Zeilen beginnt ein von der
Gewerkschaft Ver.di herausgegebenes Schwarzbuch zur
Supermarktkette LIDL. Hier einige Auszüge aus der
verdrängten Realität der Erwerbsarbeit:
»Der Vertriebsleiter setzt die Verkäuferinnen und
Filialverantwortlichen stark unter Druck. Einige
Standardsprüche lauten: ‘Sie sind zu blöd zu
bestellen.’ ‘Sie sollten aufhören zu
arbeiten.’ ‘Sie sind zu alt.’ ‘Sind
Sie zu doof, das Brot einzuräumen?’ ‘Es gibt
über 4 Millionen Arbeitslose, wollen Sie dazu
gehören?’« +++ Diebstahlsvorwurf ohne jeden Nachweis.
Drei Stunden Verhör und Schuhkontrolle. »Ich war nervlich
sehr angespannt, nachdem man mich völlig grundlos so heftig
beschuldigt hatte.« +++ Pausenlos im Einsatz: »Ich habe von
Anfang an mindestens neun Stunden gearbeitet -
grundsätzlich ohne Pause«
»Ich habe den Betriebsrat 1996 mit gegründet und wurde
selbst zwischenzeitlich vom Kaufland-Juristen aufgefordert,
unserer ehemaligen Vorsitzenden im Betriebsratsbüro einen
manipulierten Geldschein unterzuschieben.«
Der Schuss mit dem Schwarzbuch hat in der Tat gesessen.
Tausende Beschäftigte auch aus anderen Betrieben meldeten
sich zu Wort und berichteten von ihren eigenen Erfahrungen.
Das liest sich dann in etwa so: »Wenn ich Ihren Bericht von
LIDL lese sehe ich meine Arbeitssituation vor mir. Auch
jetzt noch bin ich sehr aufgeregt und zittere am ganzen
Körper wenn ich an die Zustände dort zurückdenke.« +++ »Ich
war über Monate nicht mehr fähig ohne Beruhigungsmittel
einzuschlafen, aufzustehen und zur Arbeit zu gehen« +++
»Mit massiven Schreiben wurden wir ständig unter Druck
gesetzt. Wir wurden bedrängt zu unterschreiben, dass jede
Minute die bezahlt wird auch gearbeitet werden muss.« +++
»Es wurden fast nur noch Teilzeitverträge abgeschlossen,
aber trotzdem Vollzeit gearbeitet. Wer einen Betriebsrat
gründen wollte oder zur Gewerkschaft ging, dem wurde
gekündigt.« +++ »Wie kann man sich endlich dagegen wehren
????«
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