Oscar-Romero-Preis
2005
»Die Sozialistische Selbsthilfe
Mülheim erhält
den Oscar-Romero-Preis 2005 für ihr beispielhaftes
soziales Engagement. Durch ihre gelebte Praxis der
Selbsthilfe und Solidarität verkörpert sie nicht nur
eine glaubwürdige Alternative zur Ideologie einer
kapitalistischen Wettbewerbs- und
Verdrängungsgesellschaft; durch ihre Arbeit ermöglicht
sie auch jenen, die ausgegrenzt und marginalisiert
werden, ein Leben in Würde und ermutigt sie, ihr Leben
in die eigenen Hände zu nehmen.«
Am Sonntagnachmittag, den 28. August, wurde im Rahmen des
9. Eine-Welt Tages auf dem Bonner Marktplatz zum zweiten
Mal der mit 1.000 Euro dotierte Oscar-Romero-Preis
verliehen. Bei strahlendem Sonnenschein nahmen viele
Bonnerinnen und Bonner daran teil. Diesjähriger Preisträger
ist die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) aus Köln.
In dieser Gruppe haben sich Menschen zusammengeschlossen,
die gemeinsam arbeiten, wirtschaften und leben wollen,
Menschen jeden Alters und aus verschiedenen
gesellschaftlichen Schichten. Unter ihnen sind auch einige,
denen der herkömmliche Arbeitsmarkt keine Chance einräumt:
Arbeitslose, Obdachlose und Behinderte, psychisch Kranke,
ehemalige Drogenabhängige und Querdenker.
Sie alle verdienen sich hier durch Umzüge,
Wohnungsauflösungen und einen Second-Hand-Laden ihren
Lebensunterhalt selbst. »Bei der SSM sitzen alle im selben
Boot und alle rudern mit, so gut sie können.
Keiner ist überflüssig«, so lautet eine zentrale Aussage in
der Selbstdarstellung der SSM. Mit ihrem vielfältigen
Engagement in unterschiedlichen sozialen Initiativen,
insbesondere auch für eine Entwicklung von Mülheim, die die
Menschen und Initiativen im Veedel einschließt und nicht
verdrängt, verkörpert die SSM die Hoffnung, dass die
Unteren und Ausgeschlossenen ihr Leben selbst in die Hand
nehmen können. Dies ist einer der entscheidenden Gründe
dafür, dass der Mülheimer Initiative der Oscar-RomeroPreis
2005 zugesprochen wird. Der nach dem 1980 ermordeten
Erzbischof von San Salvador benannte Preis wird alle zwei
Jahre vom Förderkreis Oscar-Romero-Haus e.V. in Bonn
gestiftet. Der Verein will da mit Einzelpersonen, kleine
Gruppen oder Initiativen aus dem Köln-Bonner Raum
unterstützen und stärken, die sich in überzeugender Weise
für Ausgegrenzte und Entrechtete einsetzen. (Artikel
entnommen www.oscar-romero-haus.de)
»Mich könnt ihr töten, nicht
aber die Stimme der Gerechtigkeit.« Oscar Romero
(1917-1980)
Oscar Romeros radikales Eintreten für die Armen,
Entrechteten und Ausgebeuteten, sein unbeugsamer Einsatz
für Gerechtigkeit machte ihn zu einer herausragenden Stimme
der lateinamerikanischen Befreiungstheologie. Seine
Ansprachen und Predigten, in denen er die Verbrechen des
Militärs, der Regierung und der herrschenden Oligarchie
anprangerte, wurden in zahlreichen Ländern Lateinamerikas
im Rundfunk übertragen. In seiner letzten Predigt in der
Kathedrale von San Salvador hatte er die Soldaten zur
Befehlsverweigerung aufgefordert. Am 24. März 1980 wurde er
am während des Gottesdienstes am Altar ermordet.
NRhZ: Was bedeutet dieser Preis für Euch?
Rainer Kippe: Wir haben
bereits 1999 eine Auszeichnung als »Zukunftsprojekt« im
Rahmen des Robert Jungk-Preises NRW bekommen. Darum hatten
wir uns beworben. Diesmal war das anders. Die sind einfach
auf uns zugekommen, und das war schon ein tolles
Gefühl. Oscar Romero ist ja auch nicht irgendwer,
sondern einer, der mit seinem Leben für die
Unterdrückten eingetreten ist. Wir hatten jetzt zum
Weltjugendtag Pilger aufgenommen, und ganz zufällig
waren die aus El Salvador. Die kannten Oscar Romero
teilweise persönlich oder waren bei dem Attentat auf
ihn zugegen gewesen. Als sie von dem Preis gehört
haben, haben sie uns kleine Medaillen mit dem Bild des
Bischofs geschenkt.