Walter Klicker aus Dresden zu Besuch bei der SSM

Ich bin Walter Klicker aus Dresden, lebe dort mit meinem Freund in einer 3er WG. Ich bin arbeitsloser Sozialpädagoge und wieder mal auf der Suche nach mir und meiner Zukunft (was ich wirklich wirklich will).

Von der SSM erfuhr ich von Reinhard, der an einem Seminar in Pirna bei Dresden teilnahm. Nun quäle ich mich schon seit 20 Jahren mit dem Gedanken, dem Wunsch, meiner Utopie, ein Gemeinschaftsprojekt auf dem Lande mit Großstadtanbindung zu gestalten. Ob ich es weiter aussitze wie Kohl und warte bis es sich von selbst erledigt hat?

Ich habe vor kurzem Anke aus Pirna kennengelernt, die auch Ihrer Vision von einem Gemeinschaftsprojekt nachjagt. Wir lernen uns erst kennen, und doch haben wir schon so viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Das spornt uns an, eine Zusammenarbeit aufzubauen.

Was ich von den SSMlern wissen wollte, ist, wie es möglich ist, mit wenig Mitteln und dem Anspruch auf menschliche Arbeitsverhältnisse bestehen zu können. Und ich will natürlich wissen, ob ich mir ein solches Leben auch für mich wünsche, ob SSM ein Vorbild für mich sein kann.

Ich selbst lege großen Wert auf Gastfreundschaft, das Wohl meiner Gäste ist mir sehr wichtig. Ich fand als erstes ein offenes Haus und eine hohe Gastfreundschaft. Ich übernachtete bei Heinz, der in der ersten Nacht gar nicht zu Hause war! Herzlichen Dank für die freundschaftliche Aufnahme!

Der erste Arbeitstag tat mir gut. Die gelebte Gemeinschaftlichkeit bei einer Entrümpelung, das gelebte Miteinander ist spürbar und macht Appetit auf mehr. Dann habe ich eine recht träge Vollversammlung erlebt, und das auch noch gleicht über mehr als drei Stunden. Soviel Sitzfleisch wollte ich nicht aufbringen.
Und dachte über ein anderes Konzept der Sitzungsgestaltung nach: Open Space, offener Raum. Die Methode erlaubt allen, sich mehr und freier einzubringen. Die Ergebnisse sind dennoch ergiebiger. Vielleicht was zum Ausprobieren (bei Interesse lass ich Euch was zukommen).

Für mich besteht ein Projekt aus Menschen, und Gelegenheit zum Miteinander gibt es hier reichlich. Die Uhren gehen hier langsamer, wie angenehm. Und neben der Arbeit sind die anderen Dinge auch wichtig. So wünsch ich mir das.

Womit ich allerdings zu kämpfen hätte, mehr noch als mit korrupten Politikern, ist der Sauberkeitsstandard. Meine gutbürgerliche Erziehung wirkt. Und ich will sie an dieser Stelle gar nicht abstreifen.

Ich habe im Laufe der 5 Tage sehr viel Infos bekommen: wie geht man mit “bockigen” Politikern und Behörden um? Wie schafft man Vernetzung und Solidarität mit anderen Projekten? Ich wollte von der Geschichte der SSM lernen und das habe ich reichlich.

Ich nehme die Gewissheit mit nach Hause, dass ein solches Projekt immer wieder verteidigt werden muss. Das verlangt ein waches Auge und feinfühlige Diplomatie. Für meine Bequemlichkeit ist das gar nicht gut. Die möchte lieber eine Idylle, klein fein und ungestört. Doch gleichermaßen sehne ich mich nach einer Gemeinschaft, die mich fordert und antreibt. Mal sehn was die Oberhand bekommt.

(Okt 02)